Mama, Papa, ihr werdet es kaum glauben, aber ich bin heute (fast freiwillig) wandern gewesen!
Auslöser für diese Seltenheit ist die, uns schon mehrfach empfohlene, Kalksteinklamm
Cheile Turzii gewesen. Ohne größere Vorbereitung ( im Internet konnte man nichts über eine Anbindung der Schlucht an ein öffentlichen Verkehrsnetz finden) haben wir uns heute morgen um 9 am Autogara in Cluj einfach mal auf den Weg nach Turda gemacht. Während zu Beginn also alles noch nach dem nie vorhandenen Plan lief, begann die Katastrophe dann bereits auf dem Hinweg, denn der Busfahrer hat uns einfach vergessen und ist durch Turda durchgefahren, um uns dann hinter Turda irgendwo in der Pampa aus dem Bus zu schmeißen. Ohne jegliche Orientierung standen dann also Kathrin, meine Mitbewohnerin Anina und ich irgendwo auf einer Schnellstraße. Glücklicherweise sahen wir wohl so hilflos aus, dass uns gleich zwei junge Typen eingesammelt und nach Turda gefahren haben. Natürlich wurden wir gleich gewarnt, wie gefährlich das Viertel ist, durch das wir gerade gefahren sind und dass wir uns zügig Richtung Zentrum aufmachen sollten. Außerdem meinten unsere Retter, dass es zur Klamm keinen Bus gibt. Also ging es auf zur Touristeninformation. Bei dieser Gelegenheit haben wir auch gleich die knapp 50.000 Einwohnerstadt Turda kennen gelernt.
In der Touristeninformation wurde uns dann allerdings erzählt, dass stündlich ein Bus nach Cheile Turzii fährt. Also ging es für uns wieder zurück. Am Autogara dann aber wieder eine andere Information: Der Bus fährt bis Cheia, einem Ort irgendwo vor der Klamm und das auch erst um 12 Uhr, also in etwas mehr als einer Stunde. Also zurück zum Zentrum einen Kaffee trinken und wieder zurück zum Autogara. Tatsächlich kam der Bus dann und wir sind einfach mal eingestiegen, ohne wirklich zu wissen, wie wir aus Cheia wieder wegkommen. Die einzige Information, die wir über Cheia hatten, war, dass es dort einen Ponyhof gibt. Also der Notfallplan: Wir stehlen uns jeder ein Pony und reiten bis nach Turda, wenn nicht sogar bis nach Cluj zurück, schließlich war ja auch noch nicht sicher, wie wir am Abend wieder von Turda Heim kommen würden. In Cheia standen wir dann vor dem nächsten Problem: Es gab keinen Busfahrplan. Also wussten wir wirklich nicht, wie die Heimreise aussehen wird. Und die erste Ernüchterung machte sich auch breit: Bis zur Cheilee Turzii lagen noch 4km Wanderung vor uns, die uns nicht nur durch ein extrem rumänisches Dorf führen würde, sondern auch durch eine hügelige, menschenverlassene Landschaft.
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Immerhin stimmte die Richtung. |
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Für Ende Oktober hatten wir heute nochmal ausgezeichnetes Wetter! |
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1. Blick auf die Klamm |
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Stellt man sich so nicht Rumänien vor? Es fehlt nur noch der Braunbär. |
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Wenigstens ein paar Wegbegleiter, wenn uns schon kein Auto mitnehmen will. |
Schneller als gedacht haben wir dann aber tatsächlich zu Fuß unser Ziel erreicht und nach einer kleinen Stärkung, dem ersten Langos für mich hier, ging es immer noch überraschend gut gelaunt in die rund 2 Kilometer lange Schlucht.
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Lecker! |
Die Schlucht ist wunderschön und auch wenn kaum noch Blätter an den Bäumen waren, war es schattig und so sehr angenehm bei etwa 20°C durch die Gegend zu laufen. Die Klamm ist von etwa 300 Meter hohen Steilwänden umgeben, an denen fleißig rumgeklettert wurde, und der Fußweg führt an einem Bach entlang, den man mehrfach mit extrem wackligen, geländerlosen Brücken überquert.
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Und endlich geht es mit dem Spaziergang los, wegen dem wir das alles auf uns genommen haben. |
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Diese Brücken haben so gewackelt! |
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Merkt euch dieses Bild genau! Ganz da oben waren wir noch. |
Am Ende der Schlucht habe wir drei dann beschlossen gehabt uns auf die Suche nach einem Weg oberhalb der Schlucht zu machen, der sehr zu empfehlen wäre. Zum einen war das die Flucht vor Unmengen an Kindern, Rentnern und deutschen Touris, die ebenfalls auf die Idee gekommen waren, einen schönen Sonntagsausflug in die Schlucht zu machen. Zum anderen war es die Möglichkeit aus einem lockeren Spaziergang eine anstrengende Wanderung zu machen (wer mag darauf schon verzichten?). Worauf wir uns da eingelassen hatten, ist uns dann erst nach etwa der Hälfte des Aufstiegs bewusst geworden. Denn zunächst hieß es steil bergauf. Nach unzähligen Überlegungen des Umkehrens haben wir es aber tatsächlich bis hoch auf den Kamm geschafft und konnten eine atemberaubende Aussicht genießen, auch wenn in unserem Hinterkopf immer noch die Frage schlummerte wie wir wohl wieder zurückkommen würden.
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Erschöpft beim Aufstieg. Wenn ich doch da schon gewusst hätte wie hoch es noch geht... |
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Ein Blick in die Ferne. |
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Oben!!! Etwa 300 Höhenmeter liegen hinter uns. |
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Ganz dort unten sind wir gestartet. |
Viel früher als erwartet, nämlich schon um 16 Uhr, sind wir wieder am Schluchtausgang angekommen. Da lagen dann 7,1 km hinter uns und eine Menge böser Schimpfwörter. Doch die Laune war immer noch top, auch wenn nun noch mindestens 4 km bis nach Cheia vor uns lagen, von dort wir uns dann im schlimmsten Fall ein Taxi nach Turda gerufen hätten. Unser Plan mit dem Ponystehlen ist nämlich dann noch an fehlenden Reitkünsten gescheitert. Also ging es zurück und wieder wurde jedem vobeifahrenden Auto der Daumen rausgestreckt und diesmal hatten wir tatsächlich Glück und nach etwa der Hälfte des Rückweges haben uns (mal wieder) zwei junge Rumänen eingesammelt. Dank Kathrins Rumänischkünsten und vermutlich unseren drei erschöpften Gesichtern, haben die beiden uns dann nicht nur bis runter ins Dorf (wie eigentlich ausgemacht) mitgenommen, sondern direkt zum Autogara in Turda. Und dort hatten wir wieder Glück: Auf den nächsten Bus nach Cluj-Napoca mussten wir nur eine halbe Stunde warten und so waren wir viel früher als jemals erwartet zurück, auch wenn die halbe Stunde Fahrt stehend in einem viel zu vollen Reisebus verbracht werden musste. Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!
Die Bilanz des Tages lautet also, dass man auch ohne jegliches Planen in Rumänien irgendwie zurecht kommt und dass beim Trampen offenbar immer nur zwei junge, recht attraktive Rumänen anhalten, um drei blonde deutsche Mädchen mitzunehmen.
Mädels, ich bin stolz auf uns!
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