Sonntag, 18. Mai 2014

As long as we're together, there's no place I'd rather be

If you gave me a chance I would take it
It's a shot in the dark but I'll make it
Know with all your heart, you can't shame me
When I am with you, there's no place I'd rather be
                                                                     - Clean Bandit (feat. Jess Glynne) "Rather be"

Dieses Lied ist das erste, das mich durch das Autoradio auf meinem Weg vom Flughafen Leipzig/Halle nach Hause begrüßt hatte. Mein Plan ist nämlich aufgegangen und die Musik aus den deutschen Radios hatte tatsächlich so einige Neulinge für mich parat. Und wie das so ist, erinnern Lieder immer so wunderschön an bestimmte Momente, Gefühle und Situationen. Wenn jetzt also "Hero" von Family of the Year läuft, dann denke ich an unsere Küche und Balkon in Leipzig mit den wenigen Sonnenstrahlen, die ich in den letzten anderthalb Wochen auf Heimaturlaub erleben durfte.
Und "Rather be" erinnert an die Vormittage, Mittage und Nachmittage in der Stadt mit misslungenen und gelungenen Shopping-Versuchen und Café-Besuchen mit meinen lieben Mädels. Es war schön, noch einmal zu Hause gewesen sein und jetzt hier, zurück in Cluj, auf der Zielgeraden angekommen zu sein und mit ganz viel rumänischer Sonne empfangen zu werden.
Ich bin also gut wieder angekommen, auch wenn es bei der Einreise ein kleines Problemchen gab, das sich hoffentlich in den nächsten Tagen und Wochen klären wird. Bürokratie ist schon was Feines.
Morgen geht es dann wieder arbeiten. Bin schon gespannt, was sich meine Kinder überlegt haben, um mich sofort wieder in den Arbeitsalltag einzuführen. Bestimmt nichts Gutes ;)

Montag, 5. Mai 2014

"Eine wie Alaska" in Bukarest

"Pummel." Sie schüttelte den Kopf, dann trank sie noch einen Schlucke Kaffee mit Schuss. "Pummel, was du noch begreifen musst, ist, dass ich ein von Grund auf unglücklicher Mensch bin."                                                                                                                                                                                       -John Green "Eine wie Alaska"

Da auch in Rumänien viel gearbeitet wird, wird auch hier der erste Mai als Feiertag zelebriert. Für Dorle, Max und mich hieß das, die Gelegenheit eines langen Wochenendes zu ergreifen und sich mit dem Fernbus auf die achteinhalb Stunden lange Reise nach Bukarest machen. Es ging direkt am Mittwochabend los und so kamen wir in der Frühe um kurz nach vier Uhr in der rumänischen Hauptstadt an. Mit zwei Millionen Einwohnern weist die Stadt zwar eine beachtliche Größe auf, dennoch fahren die U-Bahnen erst ab fünf und so mussten wir drei in einem Park neben der Metrostation noch eine knappe Stunde ausharren, ehe wir uns auf den Weg in unsere Unterkunft am anderen Ende der Stadt aufmachen konnten. Gegen halb sieben hat uns dann Caro, ebenfalls eine Freiwillige, in ihrer Wohnung aufgenommen. Da wir die Nacht über nicht wirklich viel geschlafen hatten, haben wir uns dann erst noch einmal für drei Stunden schlafen gelegt, bis es dann los ging die Stadt zu erkunden.

"Dein ganzes Leben steckst du in dem Labyrinth fest und denkst daran, wie du ihm eines Tages entfliehst, und wie geil dann alles wird, und die Vorstellung von dieser Zukunft hält dich am Laufen, aber am Ende tust du es nie. Du hast die Zukunft einfach nur benutzt, um aus der Gegenwart zu fliehen."
                                                                                            - John Green "Eine wie Alaska"

Bukarest ist vielleicht nicht eine der schönsten europäischen Hauptstädte, dennoch gibt es auch hier einen ganz eigenen Charme, der zwischen sozialistischen Wohnblöcken, weitläufigen Parklagen und einer kleinen, aber schönen und lebendigen Altstadt zu finden ist. Ich habe diesen von mir so geliebten Großstadtflair mit jedem Atemzug aufgenommen, bis er in jede meiner Körperzellen eingedrungen ist. Und das macht müde, extrem müde. Gerade, wenn man die letzte Nacht kaum ein Auge zugemacht hatte. Und so ging es für uns bei Zeiten zurück in unser Quartier, wo wir gleich noch eine kleine Führung bekamen, weil die Müdigkeit plötzlich wie weggeblasen war. Caro und ihr Mitfreiwilliger Sascha arbeiten am Rand von Bukarest in einer Einrichtung für behinderte Menschen. Das Gelände ist riesig und so gibt es dort immer was zu tun und ganz viel Platz. Während unseres Aufenthaltes waren wir daher auch nicht allein. Zur Zeit sind vierzig Schüler einer deutschen Walddorfschule mit ihren Lehrern dort untergebracht, die für einen Monat das Gelände in Ordnung bringen. Ähnlich der Sache, die ich mit unserer Schule nach den Abiturprüfungen und vor der Notenbekanntgabe gemacht habe. Und da Neuntklässer ja doch recht früh ins Bett gehören, konnten wir am Abend mit ihren Lehrern über Wein, Palinka und Zuika diskutieren. Wenn ihr wüsstet, was offenbar unter den Lehrern in ihren Lehrerzimmern so abgeht :D

Wir können die schlimmsten Dinge überstehen, denn wir sind unzerstörbar, solange wir daran glauben. Erwachsene sagen mit diesem spöttischen Lächeln: “Teenager halten sich für unbesiegbar.” Sie wissen gar nicht, wie Recht sie damit haben. Wir halten uns für uns für unbesiegbar, weil wir es sind. Wir können nicht unwiederbringlich gebrochen werden, und deshalb müssen wir nie verzweifeln. Wir können nicht erzeugt und nicht vernichtet werden. Wie alle Energie wandeln wir uns nur in Gestalt und Größe und Erscheinungsform.                                          
                                                                                           - John Green "Eine wie Alaska"

Der nächste Morgen begann nach einer weiteren kurzen Nacht wieder viel zu früh. Um acht musste der Bus, mal wieder am anderen Ende der Stadt, nach Potlogi, Dorles alter Einsatzstelle, genommen werden. In dem etwa 65 km entfernten Dorf scheinen die Glocken noch etwas anders zu läuten als in der großen Stadt. Hektik, schlechte Luft, Gedrängel und Krach sind hier vergeblich zu suchen. Stattdessen gab es Kindergeschrei, Hundegebell und Pferdehufe zu hören; Mist, gegrilltes Fleisch und Blütenduft zu riechen; das Strahlen der Sonne, Hundefell und Grasstängel auf der Haut zu fühlen. Es war interessant, das rumänische Dorfleben am anderen Ende des Landes zu erleben, unterscheidet es sich doch in gewisser Weise ziemlich von dem hier in Mera.
Am Nachmittag ging es dann zurück nach Bukarest, wo wir erst bei Josi, einer weiteren Freiwilligen in der Hauptstadt, gekocht haben, ehe es dann das örtliche Nachtleben in der Altstadt zu erkunden ging.

"Kennst du das? Manchmal, wenn du Nachts draußen bist, kriegst du Panik, auch wenn es total albern und peinlich ist, aber du willst einfach nur nach Hause rennen?" Irgendwie war mir das viel zu intim und persönlich, als dass man mit einer praktisch Fremden darüber sprechen konnte, doch ich sagte: "Ja, total." Sie schwieg einen Moment, dann packte sie meine Hand und flüsterte: "Lauf, lauf, lauf, lauf, lauf." Und sie stürzte los und riss mich mit.
                                                                                            - John Green "Eine wie Alaska"

Der Samstag sollte wieder in der Stadt verbracht werden. Nachdem am Morgen laaaaange ausgeschlafen wurde, machten wir uns schon fast gegen Mittag los, die letzten Sehenswürdigkeiten abklappern. Danach haben wir uns noch in einen der großen, schönen bukarester Parks begeben, uns die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Am Abend ging es schön Pizzaessen, danach den Abend mit den Lehrern und Skat spielen (ich kann es jetzt - so fast!) ausklingen lassen.

"Nie hatte ich mich so cool gefühlt wie jetzt, zu fünft im Gänsemarsch. Das große Vielleicht war über uns und wir waren unbesiegbar. Der Plan hatte Schwächen, wir aber nicht."
                                                                                            - John Green "Eine wie Alaska"

Am Sonntag haben wir uns dann wieder auf den Weg nach Cluj gemacht. Der Bus war voll, warm und stickig. Und Dorle hatte da dieses Buch bei sich liegen. Ungarischvokabeln wollten einfach nicht in meinem Kopf hängen bleiben, den Brief an Anna hatte ich schon fertig und Cacaus Biografie wollte ich mir für den Heimflug am Mittwoch aufheben. Und so schnappte ich mir Dorles Buch, las die erste Seite, war gefesselt und bin die ganze Busfahrt gar nicht mehr davon weggekommen. Jedenfalls bin ich jetzt verliebt. Verliebt in ein Buch, dass es vermag einen glücklich, melancholisch, nachdenklich, bestürzt, zu tiefst betroffen und zufrieden zu machen, in ein und denselben Moment.

"Manchmal verstehe ich dich nicht", sagte ich. Sie sah mich nicht einmal an. Sie lächelte einfach in Richtung Fernseher und sagte: "Du wirst mich nie verstehen. Das ist es ja."
                                                                                            - John Green "Eine wie Alaska"

Blick auf den Palast in Bukarest
Der Palast in seiner vollen Größe
Einer der vielen Parks
Der Palast von der anderen Seite und bei Nacht
Dorle und Max in der Altstadt

 Mit superschönen Sommerwetter und tollen Leuten waren die vier Tage in Bukarest echt richtig schön und "Eine wie Alaska" hat die Rückfahrt, die sonst sinnlos verbrachte Stunden gewesen wären, zu wertvoller Lebenszeit gemacht. Am Mittwoch geht es dann nach Deutschland, hoffentlich wieder mit schönem Wetter, denn das schöne Wetter ist mit dem Wochenende pünklich zum Sonntagabend hier verschwunden. Eigentlich hätte ich meine Zeit sinnvoller nutzen sollen, als diesen Blogeintrag zu schreiben, denn es gibt noch einiges zu packen und aufzuräumen. Dennoch gibt es noch ein letztes Alaskazitat für euch.

Sie sah mich an und lächelte breit, so breit, dass das Grinsen auf ihrem schmalen Gesicht vielleicht lächerlich ausgesehen hätte, wäre da nicht das unantastbar vornehme Grün ihrer Augen. Strahlend wie ein Kind unter dem Weihnachtsbaum sagte sie: "Ihr raucht zum Spaß, ich rauche, um zu sterben."
                                                                                            - John Green "Eine wie Alaska"